Das „Triëdern“ als Textstrategie in Robert Musils Tagebüchern

Autor/innen

  • Beate Sommerfeld

DOI:

https://doi.org/10.18778/2196-8403.2011.13

Schlagworte:

Robert Musil, Tagebücher, „Mann ohne Eigenschaften”, „Triëdern”, "Plötzlichkeit", Selbstreflexivität

Abstract

Der Grundimpetus der Musil’schen Tagebücher kann im Aufbrechen von Erfahrung verortet werden. Die dort durchgeführten Wahrnehmungsexperimente bilden Versuchsanordnungen nach, wie sie sich auch in seinen essayistischen Texten finden. Als Schlüsseltext kann neben dem Mann ohne Eigenschaften der Essay Triëdere aus dem Nachlaß zu Lebzeiten gelten. Konventionelle Wahrnehmung wird durch das Verfahren der Isolation und Reduktion sowie durch ungewöhnliche Perspektivierung verzerrt, wodurch Plötzlichkeitsmomente ermöglicht werden, die tiefere Einsichten in die Wirklichkeit eröffnen und eine Distanz zum Menschlichen schaffen, in dem es als Mögliches neu erfasst werden kann. Musils Wahrnehmungsexperimente oszillieren zwischen epiphanischen Augenblickserlebnissen und Selbstreflexivität.

Literaturhinweise

BOHRER, KARL HEINZ (1981): Plötzlichkeit. Zum Augenblick des ästhetischen Scheins. Frankfurt (M.).
Google Scholar

BOHRER, KARL HEINZ (1994): Das absolute Präsens. Die Semantik ästhetischer Zeit. Frankfurt (M.).
Google Scholar

BREUER, CONSTANZE (2009): Werk neben dem Werk. Tagebuch und Autobiographie bei Robert Musil. Hildesheim/Zürich/New York.
Google Scholar

CANETTI, ELIAS (1992): Die Fliegenpein. Aufzeichnungen. München.
Google Scholar

DAWIDOWSKI, CHRISTIAN (2000): Die geschwächte Moderne. Robert Musils episches Frühwerk im Spiegel der Epochendebatte. Frankfurt (M.)/New York.
Google Scholar

DRÜGH, HEINZ J. (2003): Im Textlabor. Der deskriptive Dialog mit dem Bildmedium in Robert Musils Fliegenpapier. In: LUSERKE-JAQUI, MATTHIAS / ZELLER, ROSEMARIE (eds.): Musil-Forum. Studien zur Literatur der klassischen Moderne. Bd. 27. Berlin/ New York, 167-188.
Google Scholar DOI: https://doi.org/10.1515/9783110201833.167

DUSINI, ARNO (2005): Tagebuch. Möglichkeiten einer Gattung. München.
Google Scholar

ECO, UMBERTO (1973): Das offene Kunstwerk. Übersetzt von Günter Memmert. Frankfurt (M.).
Google Scholar

EISELE, ULF (1982): Ulrichs Mutter ist doch ein Tintenfaß. Zur Literaturproblematik in Musils „Mann ohne Eigenschaften“. In: HEYDEBRAND, 160-203.
Google Scholar

FRIER, WOLFGANG (1976): Die Sprache der Emotionalität in den „Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Robert Musil. Bonn.
Google Scholar

FUDER, DIETER (1979): Analogiedenken und anthropologische Differenz. Zu Form und Funktion der poetischen Logik in Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“. München (=Musil-Studien 10).
Google Scholar

GARGANI, ALDO G. (1984): Philosophy and Metaphor in Musil’s Work. In: STRUTZ, JOSEF / STRUTZ, JOHANN (eds.): Robert Musil – Literatur, Philosophie und Psychologie. München/Salzburg (=Musil-Studien 12), 44-57.
Google Scholar

HEYDEBRAND, RENATE VON (ed.): Robert Musil. Darmstadt.
Google Scholar

HOCKE, GUSTAV RENÉ (1976): Europäische Tagebücher aus vier Jahrhunderten. Motive und Anthologie. Wiesbaden/München.
Google Scholar

HÖLLERER, WALTER (1961): Die Epiphanie als Held des Romans. Teil I und II. In: Akzente 2:125-136, 275-285.
Google Scholar

HOFFMANN, CHRISTIAN (1997): Der Dichter am Apparat: Medientechnik, Experimentalpsychologie und Texte Robert Musils 1899-1942. München (=Musil-Studien 26).
Google Scholar

HONOLD, ALEXANDER (1997): Auf dem Fliegenpapier. Robert Musil im Ersten Weltkrieg. In: Literatur für Leser 20:224-239.
Google Scholar

JAKOBSON, ROMAN (1979): Linguistik und Poetik. In: HOLENSTEIN, ELMAR (ed.): Poetik. Ausgewählte Aufsätze 1921-1979. Frankfurt (M.), 83-121.
Google Scholar

KNAAP, EWOUT VAN DER (1998): Musils filmischer Blick – Notsignale auf dem Fliegenpapier. In: Poetica 30:165-178.
Google Scholar DOI: https://doi.org/10.30965/25890530-0300102007

KÖHNEN, RALPH (2005): Das physiologische Wissen Rilkes und seine Cézanne-Rezeption. In: PFOTENHAUER / RIEDEL / SCHNEIDER, 141-162.
Google Scholar

KONERSMANN, RALF (1991): Lebendige Spiegel. Die Metapher des Subjekts. Frankfurt (M.).
Google Scholar

LANGE, VIKTOR (1982): Musils „Das Fliegenpapier“. In: HEYDEBRAND, 450-461.
Google Scholar

LEDANFF, SUSANNE (1981): Die Augenblicksmetapher. Über Bildlichkeit und Spontaneität in der Lyrik. München/Wien.
Google Scholar

MAGRIS, CLAUDIO (1981): Musil und die Nähte der Zeichen. In: FREESE, WOLFGANG (ed.): Philologie und Kritik. Klagenfurter Vorträge zur Musilforschung. München/ Salzburg (=Musil-Studien 7), 177-193.
Google Scholar

MERSCH, DIETER (2002): Was sich zeigt. Materialität, Präsenz, Ereignis. München.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1978/7): Gesammelte Werke in neun Bänden. Bd. 7: Kleine Prosa, Aphorismen, Autobiographisches. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1978/8): Gesammelte Werke in neun Bänden. Bd. 8: Essays und Reden. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1978a): Der Mann ohne Eigenschaften. Erstes und zweites Buch. Neu durchgesehene und verbesserte Ausgabe. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1980): Beiträge zur Beurteilung der Lehren Machs und Studien zur Technik und Psychotechnik. Mit einer Vorbemerkung von Adolf Frisé. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1983): Tagebücher. Neu durchgesehene und ergänzte Auflage. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

MUSIL, ROBERT (1983a): Tagebücher. Anmerkungen, Anhang, Register. Hrsg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg.
Google Scholar

NEUMANN, GERHARD (1984): Wissen und Liebe. Der auratische Augenblick im Werk Goethes. In: THOMSEN, CHRISTIAN W. / HOLLÄNDER, HANS (eds.): Augenblick und Zeitpunkt. Studien zur Zeitstruktur und Zeitmetaphorik in Kunst und Wissenschaften. Darmstadt, 282-305.
Google Scholar

NIETZSCHE, FRIEDRICH (1999): Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden. Bd. 1: Die Geburt der Tragödie. Unzeitgemäße Betrachtungen 1-4. Nachgelassene Schriften 1870-1873. Hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München.
Google Scholar

NÜBEL, CHRISTINE (2006): Robert Musil. Essayismus als Selbstreflexion der Moderne. Berlin/New York.
Google Scholar DOI: https://doi.org/10.1515/9783110201857

ÖHLSCHLÄGER, CLAUDIA (2005): Evidenz und Ereignis. Musils poetische „Momentaufnahmen“ im Kontext der Moderne. In: PFOTENHAUER / RIEDEL / SCHNEIDER, 203-216.
Google Scholar

PFOTENHAUER, HELMUT / RIEDEL, WOLFGANG / SCHNEIDER, SABINE (eds.) (2005): Poetik der Evidenz. Die Herausforderungen der Bilder in der Literatur um 1900. Würzburg.
Google Scholar

PIEPER, HANS-JOACHIM (2002): Musils Philosophie. Essayismus und Dichtung im Spannungsfeld der Theorien Nietzsches und Machs. Würzburg.
Google Scholar DOI: https://doi.org/10.1515/9783110172409.267

POTT, HANS-GEORG (1984): Robert Musil. München.
Google Scholar

RICOEUR, PAUL (1986): Die lebendige Metapher. Übersetzt von Rainer Rochlitz. München.
Google Scholar

RILKE, RAINER MARIA (1996): Kommentierte Ausgabe in vier Bänden. Hrsg. von Manfred Engel, Ulrich Fülleborn, Horst Nalewski und August Stahl. Frankfurt (M.)/Leipzig.
Google Scholar

RÖTTGER, BRIGITTE (1973): Erzählexperimente. Studien zu Robert Musils „Drei Frauen“ und „Vereinigungen“. Bonn.
Google Scholar

ROTH, MARIE LOUISE (1972): Robert Musil. Ethik und Ästhetik. Zum theoretischen Werk des Dichters. München.
Google Scholar

SCHMITTER, MANFRED (2000): Basis, Wahrnehmung und Konsequenz. Zur literarischen Präsenz des Melancholischen in den Schriften von Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil. Würzburg.
Google Scholar

SCHNEIDER, SABINE (2006): Das Leuchten der Bilder in der Sprache. Hofmannsthals medienbewusste Poetik der Evidenz. In: PFOTENHAUER, HELMUT / SCHNEIDER, SABINE (eds.): Nicht völlig Wachen und nicht ganz ein Traum. Die Halbschlafbilder in der Literatur. Würzburg, 105-137.
Google Scholar

SEEL, MARTIN (2003): Ästhetik des Erscheinens. München/Wien.
Google Scholar

SMERILLI, FILIPPO (2009): Moderne, Sprache, Körper: Analysen zum Verhältnis von Körpererfahrung und Sprachkritik in erzählenden Texten Robert Musils. Göttingen.
Google Scholar

SOMMER, MANFRED (1987): Evidenz im Augenblick. Eine Phänomenologie der reinen Empfindung. Frankfurt (M.).
Google Scholar

STADLER, ULRICH (2003): Der technisierte Blick: optische Instrumente und der Status von Literatur. Ein kulturhistorisches Museum. Würzburg.
Google Scholar

TAYLOR, CHARLES (1994): Quellen des Selbst. Die Entstehung der neuzeitlichen Identität. Übersetzt von Joachim Schulte. Frankfurt (M.).
Google Scholar

THEUNISSEN, MICHAEL (1971): Augenblick. In: RITTER, JOACHIM (ed.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. I. Darmstadt, 649-650.
Google Scholar

WILLEMSEN, ROGER (1985): Robert Musil. Vom intellektuellen Eros. München/Zürich.
Google Scholar

WITTGENSTEIN, LUDWIG (1977): Vermischte Bemerkungen. Hrsg. von Georg Henrik von Wright unter Mitarbeit von Heikki Nyman. Frankfurt (M.).
Google Scholar

WITTGENSTEIN, LUDWIG (1984): Tractatus logico-philosophicus. Tagebücher 1914-1916. Philosophische Untersuchungen. Frankfurt (M.).
Google Scholar

WOHLFAHRT, GÜNTHER (1982): Der Augenblick. Zeit und ästhetische Erfahrung bei Kant, Hegel, Nietzsche und Heidegger mit einem Exkurs zu Proust. Freiburg/München.
Google Scholar

ZIOLKOWSKI, THEODORE (1961): James Joyces Epiphanie und die Überwindung der empirischen Welt in der modernen deutschen Prosa. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 4:594-616.
Google Scholar DOI: https://doi.org/10.1007/BF03375301

Downloads

Veröffentlicht

2011-12-30

Zitationsvorschlag

Sommerfeld, B. (2011). Das „Triëdern“ als Textstrategie in Robert Musils Tagebüchern. Convivium. Germanistisches Jahrbuch Polen, 271–300. https://doi.org/10.18778/2196-8403.2011.13

Ausgabe

Rubrik

Articles

Am häufigsten gelesenen Artikel dieser/dieses Autor/in