Was leistet die Kälte des Schauspielers bei LESSING und DIDEROT?

Autor/innen

  • Susanne Kaul

DOI:

https://doi.org/10.18778/2196-8403.2019.02

Schlagworte:

Denis Diderot, Gotthold Ephraim Lessing, Theatertheorie, Emotionstheorie, Aufklärung

Abstract

In diesem Beitrag geht es um eine schauspieltheoretische Debatte, die im 18. Jahrhundert aufgekommen ist und an der sich auch DIDEROT und LESSING beteiligt haben. Soll ein Schauspieler seine ganze Leidenschaft in eine Rolle legen und sein, was er darstellt, oder soll er distanziert und beherrscht die Rolle spielen, ohne darin aufzugehen? Während DIDEROT viele Gründe für den kalten Schauspieler ins Feld führt, plädiert LESSING für eine Mischung aus Feuer und Kälte. Die These dieses Beitrags ist, dass die Kälte bei LESSING im Dienste einer aufklärerischen Common Sense Moral steht, die in der Nähe zu Adam Smith gesehen werden kann, während DIDEROTS Verteidigung der Kälte ästhetisch begründet ist und allein der Kunstfertigkeit der Darstellung dienen soll. In einem Ausblick werden einige Implikationen dieser Statements über kalte und heiße Gefühle kritisch mit der Emotionstheorie der Gegenwart in Beziehung gesetzt.

Autor/innen-Biografie

Susanne Kaul

Dr. phil. habil., Studium der Literaturwissenschaft, Linguistik und Philosophie in Paderborn. Promotionsstudium Germanistik und Graduiertenkolleg „Zeiterfahrung und ästhetische Wahrnehmung“ in Frankfurt am Main. 2002 Promotion. 2007 Habilitation (beides in Bielefeld). 2012 Gastprofessur an der University of Notre Dame (USA). 2012-2018 Heisenbergstipendiatin der DFG (ab 2014 an der WWU Münster). 2017-2018 Professurvertretung in Bielefeld. 2019 Professurvertretung in Kassel. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Neuere Deutsche Literatur von 1800 bis zur Gegenwart, Shakespeare, Kleist, Kafka, Literatur und Ethik, (Film-)Narratologie, Komiktheorie.

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Veröffentlicht

2019-12-30

Zitationsvorschlag

Kaul, S. (2019). Was leistet die Kälte des Schauspielers bei LESSING und DIDEROT?. Convivium. Germanistisches Jahrbuch Polen, 31–46. https://doi.org/10.18778/2196-8403.2019.02

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